Jenisch lernen beim Gehen - der Butzel-Kewes-Weg in Gonzerath

Gonzerath ist außerhalb von Hunsrück und Hochwald möglicherweise kein (großer) Begriff. Schade eigentlich, denn was der Heimatverein hier in den letzten Jahren auf die Beine gestellt hat, ist ziemlich beachtlich und dürfte manches Wandererherz höher schlagen lassen. 

In Gonzerath gibt es nicht nur das Hotel zur Post, in dem wir nächtigen (Beitrag mit Essensfotos folgt), sondern auch eine ziemlich große Dichte an Wanderwegen. In der Gemeinde leben rund 1.300 Einwohner, von denen sehr viele ihre Ort durch die Beteiligung in Gruppen, Vereinen usw. bereichern. Der Heimatverein Gonzerath hat insgesamt 8 Wanderwege ins Leben gerufen und unterhält sie. Zuletzt ist der Butzel-Kewes-Weg dazu gekommen. Beim Spaziergang in den Sonnenuntergang mit dem Vorsitzenden Ralf Linn bekommen wir einen Blick hinter die Kulissen und erfahren, wie anforderungsreich es ist, einen Wanderweg zu betreiben. 

Ralf holt uns am Hotel ab und geht mit uns zum Startpunkt des Butzel-Kewes-Weges in der Gonzerather Ortsmitte. Schnell spüren wir, mit wie viel Herzblut er bei der Sache ist, um die Lebensqualität seiner Ortsgemeinde und deren Besuchern zu steigern. Insgesamt, so erklärt er uns, haben Ehrenamtler aus der Gemeinde 2400 Arbeitsstunden in die Erstellung des Weges gesteckt. 

Auf dem Butzel-Kewes-Weg kommen Kinder wie Erwachsene spielerisch mit der Hunsrücker Natur in Kontakt, z. B. über eine Rutschbahn in einem alten Schiefersteinbruch, einen Barfußpfad, eine Tierweitsprunganlage (bei der man seine eigenen Resultate mit denen aus dem Tierreich vergleichen kann) oder ein natürliches Wassertretbecken. Hier kommt der Klimawandel wieder ins Spiel: Bei unserem Besuch war es leider ausgetrocknet. Zwischendurch laden immer wieder Sitzbänke und Tische zum Rasten und Verweilen ein, und auch einige Panoramaliegen wurden an Punkten mit guter Aussicht installiert. 

An den einzelnen Stationen informieren Schautafeln über die jenische Sprache und Kultur, von der sich Reste im Moselfränkischen erhalten haben. Auch der Name „Butzel-Kewes-Weg“ ist dem Jenischen entnommen: Butzel heißt kleines Kind, Kewes heißt Kopf, also: Kinderkopfweg. Für die Erwachsenen ist es spannend, sprachliche Vergleiche anhand der auf den Schautafeln abgedruckten Vokabeln zu ziehen. Welche Worte kommen mir bekannt vor, was hat vielleicht Einzug in die Alltagssprache eh genommen? Vielleicht hat ja schon mal jemand von seinem Onkel oder Opa „Lowi“ (Geld, Lohn, Taschengeld) bekommen, oder bei einem Kartenspiel „gelinst“ (gespickt). 

Unterwegs offenbart sich uns der rote Faden durch das verlängerte Wanderwochenende: Da hat doch jemand eine geheimnisvolle Flasche mit der Botschaft eines freundlichen Flaschengeistes versteckt, die uns in den nächsten Tagen begleitet. 

Eigentlich, so dachten wir, gehen wir mit Ralf kurz bis zur ersten oder zweiten Station des Weges. Das haben wir auch geschafft, nur bei kurz ist es nicht geblieben. Die Attraktionen des Weges und Ralfs mitnehmende Art haben uns so gefesselt, dass wir erst um kurz vor 22 Uhr wieder am Hotel eintreffen. 

Familie Marsidis unterwegs in Ostbelgien vom 4.-7....
Von Beeck nach Belgien