Während gestern ganz im Zeichen von Wäldern und Gipfelglück stand, wird’s heute kultureller. Naturgenuss ohne Ende gibt’s weiter, aber heute kommen dazu noch Geschichten, Kunst und ein bisschen Gruselfaktor.
Start ist in Viechtach, am Bahnhof. Wir überqueren den Fluss mit dem wunderbaren Namen Schwarzer Regen. Jetzt verstehen wir, warum die Region mit dem Slogan „Bayerisch Kanada“ wirbt. Der Regen schlängelt sich so wildromantisch durchs Tal, eingerahmt von so dichten Wäldern, dass wir uns in Nordamerika wähnen. Die Szenerie passt auf eine Postkarte. Fehlen eigentlich nur noch Elche oder Grizzlys. Wir halten die Augen offen.
Der Weg steigt sanft an – durch kleine Dörfer, vorbei an Tannen und Wiesen. Bald erreichen wir die Gläserne Scheune, wo uns schon von weitem eine riesige Gestalt erwartet: der Rauhbühler Riese.
Drinnen tauchen wir in die Welt des Künstlers Rudolf Schmid ein. Seine großformatigen Glaspaneele erzählen Sagen aus dem Bayerischen Wald, vom Mühlhiasl und seinen düsteren Prophezeiungen, den Rauhnächten mit Hexen, Teufeln und anderen düsteren Gestalten. Carmen ist als Handwerkskennerin besonders beeindruckt: Schmid hat seine Bleistiftzeichnungen in Glas gebrannt – eine Technik, die genauso speziell ist wie seine Geschichten. Schmid ist weiter künstlerisch aktiv und seine Kinder führen die Scheune mit genauso viel Kreativität weiter.
Wir wandern weiter zur Burgruine Neunußberg. Zwischen alten Mauern eröffnet sich ein grandioser Blick. Es grüßt unser Stolz, der Pröller Gipfel und weit hinten sehen wir den Großen Arber, den höchsten Gipfel im Bayerischen Wald. Zeit, unser ausgeliehenes Fernglas aus Viechtach zu testen, und: ja, das war eine gute Idee!
Auf dem Rückweg begegnen uns zwar keine Elche oder Bären, dafür aber ein Reh und ein Eichhörnchen. Die Sonne brennt inzwischen ordentlich und spätestens als wir an einem Angler vorbeikommen, der seelenruhig im Fluss steht und Fliegenfischt, fragen wir uns, ob das für heute nicht die bessere Idee gewesen wäre. Irgendwas mit „Nordamerika-Feeling“ hat der Typ auf jeden Fall verstanden.
Unsere Beine erinnern uns derweil an die 25 Kilometer vom Vortag, die stecken da noch drin. Als ich Carmen meinen letzten Schluck Wasser abgebe, überlegen wir kurz ernsthaft, ob wir einfach ein Auto anhalten sollen. Wenn hier denn eins kommen würde…
Irgendwann kommen wir dann doch noch im Feriendorf an, durchgeschwitzt aber glücklich. Durchatmen. Füße hoch. Duschen.
Zum Abendessen werden wir ganz besonders verwöhnt, im Restaurant Vejda, direkt am Stadtplatz in Viechtach. Die Stadt trägt nicht umsonst den Titel Genussort Bayern, das merkt man sofort. Das Essen ist ausgezeichnet, der Service ganz besonders aufmerksam und herzlich. Wir genießen den Blick von der Terrasse auf den Platz. Die Bewohner schwatzen bei Aperol und Eiskaffee, die Kinder flitzen unter den Bäumen hin und her – ja, sind wir denn hier in bella Italia?
Der Tag hat uns einiges abverlangt, nach diesem gelungenen Abschluss rollen wir uns glücklich zurück ins Feriendorf.